Donnerstag, 17. Februar 2005

Männer und Frauen

SPIEGEL ONLINE - 17. Februar 2005, 12:48
URL: http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/0,1518,341064,00.html
Eiswasser-Experiment

Was Männer für eine hübsche Frau auf sich nehmen

Männer sind so berechenbar - sehen sie eine attraktive Frau, schaltet ihr Gehirn gleich auf Autopilot. Ernst Roidl machte im Studium der Wirtschaftspsychologie den Test. Im Interview erzählt der Lüneburger Student, wie Kommilitonen bei einer Versuchsleiterin Eindruck schinden wollten, als sie die Hände in Eiswasser tunkten.

SPIEGEL ONLINE: Für eine Seminararbeit haben Sie Kommilitonen quälen lassen. Wie haben Sie das angestellt?




Eiswasser-Versuch: "Schmerzen? Für dich sofort!"
Ernst Roidl: Für das Experiment habe ich 22 Männer eingeladen und einen Persönlichkeitsfragebogen ausfüllen lassen, eine Fassung des Freiburger Persönlichkeitsinventars. Aber das war erst einmal nur Tarnung. Nach der Bearbeitung des Fragebogens wurden die Männer einzeln in einen Raum gebeten. Dort hat ihnen eine Frau gesagt, sie sollten die Hand in eiskaltes Wasser stecken. Die Versuchsleiterin hat dann gestoppt, wie lange sie es aushielten. Der Trick: Bei elf Männern hatte sich die Frau hübsch gemacht und verhielt sich sehr nett. Sie trug Make-up, enge Jeans und offene Haare, außerdem hielt sie wenig räumlichen Abstand zu den Männern. Bei den anderen elf war sie mit einem Laborkittel bekleidet, es gab kein Make-up mehr, und die Haare hatte sie streng nach hinten zusammengebunden. Außerdem las sie nur noch Instruktionen vor.

SPIEGEL ONLINE: Und wie sahen die Ergebnisse aus?

Roidl: Das war faszinierend. Männer, die es mit der hübschen Frau zu tun hatten, ließen ihre Hand im Schnitt mehr als doppelt so lange im Wasser. Ihr Mittelwert betrug 80 Sekunden. Wir mussten sogar eine Höchstgrenze von zweieinhalb Minuten einführen, damit keiner Schaden nimmt. Und selbst dann wollten einige die Hand gar nicht mehr rausnehmen - obwohl sie langsam blau wurde. Bei den Männern mit der weniger netten Versuchsleiterin dauerte es im Schnitt nur 30 Sekunden, bis alles vorbei war.

SPIEGEL ONLINE: Gab es einen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn, oder haben Sie einfach eine sadistische Ader?

Roidl: Natürlich hat der Versuch einen ernsthaften Hintergrund. Als angehender Wirtschaftspsychologe muss ich auch lernen, wie man psychologische Experimente durchführt. Dafür gibt es ein spezielles Seminar, in dessen Rahmen ich einen solchen Versuch entwickeln sollte. Nachdem ich von einer ähnlichen Studie gelesen hatte, kam ich auf die Idee, das Schmerzempfinden von Männern in Anwesenheit einer schönen oder weniger schönen Frau zu überprüfen. Und es war schon spannend, das Verhalten der Versuchspersonen zu beobachten.



Hat trotz Experiment noch Freunde: Student Roidl
SPIEGEL ONLINE: Was für eine Sorte Mann war es, die schmerzende und blau angelaufene Hände für eine Frau in Kauf nahm?

Roidl: Eine Beziehung zwischen dem Fragebogen zur Persönlichkeit und dem Schmerzempfinden wäre zwar interessant gewesen, aber für diese Auswertung hatte ich nicht die Zeit. Ich vermute, alle hätten sehr hohe Extraversions-Werte aufgewiesen. Aber auch so kann ich sagen: Die mit den längsten Zeiten glaubten sehr fest an ihre Wirkung bei den Frauen und wollten ein bisschen anbandeln, so nach dem Motto: "Die Hand ins Eiswasser? Aber immer, Lady. Für dich sofort."

SPIEGEL ONLINE: Wie erklären Sie sich so ein Verhalten?

Roidl: Da gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder evolutionsbiologisch: Wir wollen als harte Kerle dastehen, damit die Weibchen auf uns anspringen. So ein Verhalten verspricht Vorteile. Frauen bevorzugen Männer, die stark und durchsetzungsfähig sind, weil sie gesunden Nachwuchs garantieren. Das wissen Männer unbewusst auch und verhalten sich in Gegenwart potentieller Sexualpartnerinnen entsprechend - dann unterdrücken sie also das Kältegefühl, um keine Schwäche zu zeigen. Oder es ist eine Wechselwirkung von Emotionen und Hormonen: Die angenehme Emotion bei der hübschen Frau sorgt für vermehrte Hormonausschüttung durch die Hypophyse. Besonders Adrenalin und Endorphin werden frei, die beide das Schmerzempfinden senken.

SPIEGEL ONLINE: Wie haben Sie eine Frau gefunden, die bei dem Versuch mitmachte?

Roidl: Ich hab sie einfach in der Kneipe angesprochen, wo sie gekellnert hat. Als ich ihr erklärte, worum es ging, hat sie nur gefragt "Aber warum denn ich?" Ich glaube, sie hat eine Menge über ihre Wirkung auf Männer gelernt.

SPIEGEL ONLINE: Und Ihre Versuchspersonen? Wie haben die reagiert, als Sie ihnen hinterher erklärt haben, worum es eigentlich ging?

Roidl: Die haben die Schmerzen ganz locker genommen, waren aber ziemlich überrascht. Die meisten fanden es dann cool und irgendwie witzig.

SPIEGEL ONLINE: Sie haben also noch Freunde auf der Uni?

Roidl: Klar! Ich muss keine Anschläge befürchten, wenn ich über den Campus gehe.

SPIEGEL ONLINE: Und wie geht es weiter mit Ihrem Studium?

Roidl: Ich komme jetzt ins Hauptstudium und spezialisiere mich auf Personal- und Organisationspsychologie. Da beschäftige ich mich dann auch mit so Sachen wie Einstellungsgesprächen. Aber ohne Eiswasser!

SPIEGEL ONLINE: Warum?

Roidl: Ich habe nach dem Experiment so viele eiskalte, schlaffe Händedrücke bekommen. Das reicht erst einmal.

Das Interview führte Mirko Herr

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