Yahoo durchsucht geschlossene Angebote
SPIEGEL ONLINE - 16. Juni 2005, 11:37
URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/technologie/0,1518,360711,00.html
Suchmaschinen
Yahoo durchsucht "geschlossene" Angebote
Was nichts kostet, taugt auch nichts, heißt es. Auch im Web sind viele der verlässlichsten, exklusivsten und besten Quellen nur gegen Zahlung oder für Passwortinhaber zu haben - und verborgen für die Suchmaschinen. Das, dachte sich Yahoo, ist doch ideal, um gegen Google zu punkten.
Nichts braucht eine Marke so sehr wie ihren "unique selling proposition", kurz "USP". Hinter dem kryptischen Kürzel verbirgt sich der "einzigartige Kaufgrund", nämlich das, was eine Ware eindeutig von der Konkurrenz unterscheidet. Konsumenten kennen solche USPs als "wäscht weißer", "schmeckt besser", "macht reicher, schöner, jünger"-Claims aus der Werbung. Wenn sich so etwas nicht finden lässt, weil eigentlich alle Produkte am Markt mehr oder minder das Gleiche bieten, erfindet die Industrie neue Elemente, esoterische Wirkmechanismen oder hanebüchene, schwer zu widerlegende Behauptungen.
Auf dem hart umkämpften Markt der Suchmaschinen funktioniert das nicht so recht. Anders als bei Waschmitteln oder angeblich irgendwie "wirkaktiven" Molkeprodukten sieht der Nutzer direkt, was die Ware taugt: Entweder, ein Suchdienst funktioniert, oder er tut es nicht. Das Vergleichsprodukt wartet nur einen Klick entfernt.
Rund fünf Jahre lang teilte sich das Feld der Suchdienstanbieter in zwei Ligen: In der ersten spielte Google, in der zweiten der Rest. Seit einigen Monaten versuchen Anbieter wie Yahoo oder MSN nun, Google nahe zu kommen und hier und da zu überbieten.
Yahoo wittert diese Chance im "Deep Web", wie die Firmen-PR stolz verkündet. Darunter versteht man die Bereiche des Internet, die von den Suchmaschinen gar nicht oder nur unzureichend durchforstet werden. Dazu gehören Datenbanken, Archive, persönliche Seiten und Dokumente, passwortgeschützte Angebote und Zahlbereiche - insgesamt soll dieser "Webraum" Schätzungen zufolge bis zu 500 Mal so groß sein, wie das von den Suchmaschinen erfasste Web.
Wer da hineingräbt, könnte sich wirklich auszeichnen: Das gilt vor allem für die Bereiche der oft zahlungspflichtigen, als sehr verlässlich, exklusiv oder erschöpfend geltenden Info-Angebote. Insgesamt soll es mehrere Hundertausend Websites unterschiedlicher Qualität geben, die von Google und Co kaum oder gar nicht erfasst werden.
Daran ändert auch Yahoo kaum etwas
Gerade einmal sieben von diesen verborgenen Seiten wird Yahoo künftig erschließen, drei weitere sollen folgen. Das hat mit einer echten Erschließung des Deep Web ungefähr so viel zu tun, wie Schnorcheln in der Badewanne mit Tiefseetauchen, dürfte aber eine sowohl gegenüber den Web-Nutzern wie auch den Info-Anbietern gut vermarktbare Dienstleistung darstellen. Und was könnte sich ein Suchmaschinenbetreiber besseres wünschen, als ein neues Geschäftsfeld, das sich gegenüber den Kunden werbewirksam als neuer USP und Kundendienst anpreisen lässt?
Und der sieht so aus: Abonnenten der "geschlossenen" Angebote (u.a. "Wall Street Journal", "Financial Times", "Forrester Research") wird Yahoo zunächst in den USA und Großbritannien die Möglichkeit bieten, die Datenbestände der abonnierten Dienste in die Recherche aufzunehmen. Die Fundstücke werden in einer herkömmlichen Ergebnisliste serviert. Zugang zu den Dokumenten erhält aber nur der, der auch über eine entsprechende Zugangsberechtigung verfügt.
Yahoo "leiht" sich also die Zugangsberechtigungen seiner Nutzer: Die dürfte daran freuen, dass sie ihre Recherchen nicht bei mehreren Anbietern wiederholen müssen, sondern von einer einzigen Schnittstelle aus erledigen können. Vergleichbar wird hier auch die Performance verschiedener kommerzieller Anbieter. Deren Motivation für die Teilnahme an "Yahoo Subscription Search" liegt zweifelsohne in der Hoffnung, neue Nutzer zugeführt zu bekommen.
Yahoo-Marketer Tim Mayer kündigt bereits an, dass es solche Services künftig noch mehr geben könne. Das alles klingt nach sehr viel Wind um sehr wenig Nutzwert, hat für Yahoo aber sicherlich einen nicht zu unterschätzenden strategischen Wert: Der Wert der Dienstleistung wird hier durch die Zielgruppe bestimmt.
Die dürfte eher klein, aber fein sein. Zu den nächsten, angedachten Deep-Web-Angeboten, die Yahoo erschließen möchte, gehört beispielsweise der Datenbankanbieter Lexis-Nexis. Der hält zahlreiche spezialisierte Datenbanken für Profis bereit. Je nachdem, wo man da nach was sucht, kostet das 75 bis 250 Dollar pro Nutzungswoche, oder 1 bis 12 Dollar pro gefundenem Dokument. Im Vergleich zu den Abo-Preisen aus Vor-Web-Zeiten sind das Schnäppchenpreise, denn alle großen Datenbankanbieter leiden unter der Konkurrenz des Webs.
Eine Erhöhung des "Traffics" durch Einbindung der Suchschnittstellen in einen Webdienst wie Yahoo dürfte da auch für die Betreiber kommerzieller Dienste höchst interessant sein. Die Bedingungen, unter denen Yahoo geschlossene Angebote in den Suchdienst mit aufnimmt, verhandelt das Unternehmen mit den Betreibern direkt.
Frank Patalong
URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/technologie/0,1518,360711,00.html
Suchmaschinen
Yahoo durchsucht "geschlossene" Angebote
Was nichts kostet, taugt auch nichts, heißt es. Auch im Web sind viele der verlässlichsten, exklusivsten und besten Quellen nur gegen Zahlung oder für Passwortinhaber zu haben - und verborgen für die Suchmaschinen. Das, dachte sich Yahoo, ist doch ideal, um gegen Google zu punkten.
Nichts braucht eine Marke so sehr wie ihren "unique selling proposition", kurz "USP". Hinter dem kryptischen Kürzel verbirgt sich der "einzigartige Kaufgrund", nämlich das, was eine Ware eindeutig von der Konkurrenz unterscheidet. Konsumenten kennen solche USPs als "wäscht weißer", "schmeckt besser", "macht reicher, schöner, jünger"-Claims aus der Werbung. Wenn sich so etwas nicht finden lässt, weil eigentlich alle Produkte am Markt mehr oder minder das Gleiche bieten, erfindet die Industrie neue Elemente, esoterische Wirkmechanismen oder hanebüchene, schwer zu widerlegende Behauptungen.
Auf dem hart umkämpften Markt der Suchmaschinen funktioniert das nicht so recht. Anders als bei Waschmitteln oder angeblich irgendwie "wirkaktiven" Molkeprodukten sieht der Nutzer direkt, was die Ware taugt: Entweder, ein Suchdienst funktioniert, oder er tut es nicht. Das Vergleichsprodukt wartet nur einen Klick entfernt.
Rund fünf Jahre lang teilte sich das Feld der Suchdienstanbieter in zwei Ligen: In der ersten spielte Google, in der zweiten der Rest. Seit einigen Monaten versuchen Anbieter wie Yahoo oder MSN nun, Google nahe zu kommen und hier und da zu überbieten.
Yahoo wittert diese Chance im "Deep Web", wie die Firmen-PR stolz verkündet. Darunter versteht man die Bereiche des Internet, die von den Suchmaschinen gar nicht oder nur unzureichend durchforstet werden. Dazu gehören Datenbanken, Archive, persönliche Seiten und Dokumente, passwortgeschützte Angebote und Zahlbereiche - insgesamt soll dieser "Webraum" Schätzungen zufolge bis zu 500 Mal so groß sein, wie das von den Suchmaschinen erfasste Web.
Wer da hineingräbt, könnte sich wirklich auszeichnen: Das gilt vor allem für die Bereiche der oft zahlungspflichtigen, als sehr verlässlich, exklusiv oder erschöpfend geltenden Info-Angebote. Insgesamt soll es mehrere Hundertausend Websites unterschiedlicher Qualität geben, die von Google und Co kaum oder gar nicht erfasst werden.
Daran ändert auch Yahoo kaum etwas
Gerade einmal sieben von diesen verborgenen Seiten wird Yahoo künftig erschließen, drei weitere sollen folgen. Das hat mit einer echten Erschließung des Deep Web ungefähr so viel zu tun, wie Schnorcheln in der Badewanne mit Tiefseetauchen, dürfte aber eine sowohl gegenüber den Web-Nutzern wie auch den Info-Anbietern gut vermarktbare Dienstleistung darstellen. Und was könnte sich ein Suchmaschinenbetreiber besseres wünschen, als ein neues Geschäftsfeld, das sich gegenüber den Kunden werbewirksam als neuer USP und Kundendienst anpreisen lässt?
Und der sieht so aus: Abonnenten der "geschlossenen" Angebote (u.a. "Wall Street Journal", "Financial Times", "Forrester Research") wird Yahoo zunächst in den USA und Großbritannien die Möglichkeit bieten, die Datenbestände der abonnierten Dienste in die Recherche aufzunehmen. Die Fundstücke werden in einer herkömmlichen Ergebnisliste serviert. Zugang zu den Dokumenten erhält aber nur der, der auch über eine entsprechende Zugangsberechtigung verfügt.
Yahoo "leiht" sich also die Zugangsberechtigungen seiner Nutzer: Die dürfte daran freuen, dass sie ihre Recherchen nicht bei mehreren Anbietern wiederholen müssen, sondern von einer einzigen Schnittstelle aus erledigen können. Vergleichbar wird hier auch die Performance verschiedener kommerzieller Anbieter. Deren Motivation für die Teilnahme an "Yahoo Subscription Search" liegt zweifelsohne in der Hoffnung, neue Nutzer zugeführt zu bekommen.
Yahoo-Marketer Tim Mayer kündigt bereits an, dass es solche Services künftig noch mehr geben könne. Das alles klingt nach sehr viel Wind um sehr wenig Nutzwert, hat für Yahoo aber sicherlich einen nicht zu unterschätzenden strategischen Wert: Der Wert der Dienstleistung wird hier durch die Zielgruppe bestimmt.
Die dürfte eher klein, aber fein sein. Zu den nächsten, angedachten Deep-Web-Angeboten, die Yahoo erschließen möchte, gehört beispielsweise der Datenbankanbieter Lexis-Nexis. Der hält zahlreiche spezialisierte Datenbanken für Profis bereit. Je nachdem, wo man da nach was sucht, kostet das 75 bis 250 Dollar pro Nutzungswoche, oder 1 bis 12 Dollar pro gefundenem Dokument. Im Vergleich zu den Abo-Preisen aus Vor-Web-Zeiten sind das Schnäppchenpreise, denn alle großen Datenbankanbieter leiden unter der Konkurrenz des Webs.
Eine Erhöhung des "Traffics" durch Einbindung der Suchschnittstellen in einen Webdienst wie Yahoo dürfte da auch für die Betreiber kommerzieller Dienste höchst interessant sein. Die Bedingungen, unter denen Yahoo geschlossene Angebote in den Suchdienst mit aufnimmt, verhandelt das Unternehmen mit den Betreibern direkt.
Frank Patalong
junge - 16. Jun, 16:29
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