Donnerstag, 16. Juni 2005

Yahoo durchsucht geschlossene Angebote

SPIEGEL ONLINE - 16. Juni 2005, 11:37
URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/technologie/0,1518,360711,00.html
Suchmaschinen

Yahoo durchsucht "geschlossene" Angebote

Was nichts kostet, taugt auch nichts, heißt es. Auch im Web sind viele der verlässlichsten, exklusivsten und besten Quellen nur gegen Zahlung oder für Passwortinhaber zu haben - und verborgen für die Suchmaschinen. Das, dachte sich Yahoo, ist doch ideal, um gegen Google zu punkten.

Nichts braucht eine Marke so sehr wie ihren "unique selling proposition", kurz "USP". Hinter dem kryptischen Kürzel verbirgt sich der "einzigartige Kaufgrund", nämlich das, was eine Ware eindeutig von der Konkurrenz unterscheidet. Konsumenten kennen solche USPs als "wäscht weißer", "schmeckt besser", "macht reicher, schöner, jünger"-Claims aus der Werbung. Wenn sich so etwas nicht finden lässt, weil eigentlich alle Produkte am Markt mehr oder minder das Gleiche bieten, erfindet die Industrie neue Elemente, esoterische Wirkmechanismen oder hanebüchene, schwer zu widerlegende Behauptungen.

Auf dem hart umkämpften Markt der Suchmaschinen funktioniert das nicht so recht. Anders als bei Waschmitteln oder angeblich irgendwie "wirkaktiven" Molkeprodukten sieht der Nutzer direkt, was die Ware taugt: Entweder, ein Suchdienst funktioniert, oder er tut es nicht. Das Vergleichsprodukt wartet nur einen Klick entfernt.

Rund fünf Jahre lang teilte sich das Feld der Suchdienstanbieter in zwei Ligen: In der ersten spielte Google, in der zweiten der Rest. Seit einigen Monaten versuchen Anbieter wie Yahoo oder MSN nun, Google nahe zu kommen und hier und da zu überbieten.

Yahoo wittert diese Chance im "Deep Web", wie die Firmen-PR stolz verkündet. Darunter versteht man die Bereiche des Internet, die von den Suchmaschinen gar nicht oder nur unzureichend durchforstet werden. Dazu gehören Datenbanken, Archive, persönliche Seiten und Dokumente, passwortgeschützte Angebote und Zahlbereiche - insgesamt soll dieser "Webraum" Schätzungen zufolge bis zu 500 Mal so groß sein, wie das von den Suchmaschinen erfasste Web.

Wer da hineingräbt, könnte sich wirklich auszeichnen: Das gilt vor allem für die Bereiche der oft zahlungspflichtigen, als sehr verlässlich, exklusiv oder erschöpfend geltenden Info-Angebote. Insgesamt soll es mehrere Hundertausend Websites unterschiedlicher Qualität geben, die von Google und Co kaum oder gar nicht erfasst werden.

Daran ändert auch Yahoo kaum etwas

Gerade einmal sieben von diesen verborgenen Seiten wird Yahoo künftig erschließen, drei weitere sollen folgen. Das hat mit einer echten Erschließung des Deep Web ungefähr so viel zu tun, wie Schnorcheln in der Badewanne mit Tiefseetauchen, dürfte aber eine sowohl gegenüber den Web-Nutzern wie auch den Info-Anbietern gut vermarktbare Dienstleistung darstellen. Und was könnte sich ein Suchmaschinenbetreiber besseres wünschen, als ein neues Geschäftsfeld, das sich gegenüber den Kunden werbewirksam als neuer USP und Kundendienst anpreisen lässt?

Und der sieht so aus: Abonnenten der "geschlossenen" Angebote (u.a. "Wall Street Journal", "Financial Times", "Forrester Research") wird Yahoo zunächst in den USA und Großbritannien die Möglichkeit bieten, die Datenbestände der abonnierten Dienste in die Recherche aufzunehmen. Die Fundstücke werden in einer herkömmlichen Ergebnisliste serviert. Zugang zu den Dokumenten erhält aber nur der, der auch über eine entsprechende Zugangsberechtigung verfügt.

Yahoo "leiht" sich also die Zugangsberechtigungen seiner Nutzer: Die dürfte daran freuen, dass sie ihre Recherchen nicht bei mehreren Anbietern wiederholen müssen, sondern von einer einzigen Schnittstelle aus erledigen können. Vergleichbar wird hier auch die Performance verschiedener kommerzieller Anbieter. Deren Motivation für die Teilnahme an "Yahoo Subscription Search" liegt zweifelsohne in der Hoffnung, neue Nutzer zugeführt zu bekommen.

Yahoo-Marketer Tim Mayer kündigt bereits an, dass es solche Services künftig noch mehr geben könne. Das alles klingt nach sehr viel Wind um sehr wenig Nutzwert, hat für Yahoo aber sicherlich einen nicht zu unterschätzenden strategischen Wert: Der Wert der Dienstleistung wird hier durch die Zielgruppe bestimmt.

Die dürfte eher klein, aber fein sein. Zu den nächsten, angedachten Deep-Web-Angeboten, die Yahoo erschließen möchte, gehört beispielsweise der Datenbankanbieter Lexis-Nexis. Der hält zahlreiche spezialisierte Datenbanken für Profis bereit. Je nachdem, wo man da nach was sucht, kostet das 75 bis 250 Dollar pro Nutzungswoche, oder 1 bis 12 Dollar pro gefundenem Dokument. Im Vergleich zu den Abo-Preisen aus Vor-Web-Zeiten sind das Schnäppchenpreise, denn alle großen Datenbankanbieter leiden unter der Konkurrenz des Webs.

Eine Erhöhung des "Traffics" durch Einbindung der Suchschnittstellen in einen Webdienst wie Yahoo dürfte da auch für die Betreiber kommerzieller Dienste höchst interessant sein. Die Bedingungen, unter denen Yahoo geschlossene Angebote in den Suchdienst mit aufnimmt, verhandelt das Unternehmen mit den Betreibern direkt.

Frank Patalong

Zusammenleben mit Robotern

SPIEGEL ONLINE - 16. Juni 2005, 09:57
URL: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,359842,00.html
Interview mit Zukunftsforscher Steinmüller

"Wir werden mit Robotern zusammenleben"

Der Berliner Physiker Steinmüller blickt im Auftrag von Unternehmen in die Zukunft. Im Interview mit SPIEGEL ONLINE prophezeit er das Verschwinden der Mittelschicht und eine Spaltung der Gesellschaft in Luxus- und Billig-Konsumenten. Im Jahr 2050 werden die Menschen mit technischen Wesen ganz selbstverständlich umgehen.

SPIEGEL ONLINE: Als Zukunftsforscher, der in diesem Jahr 55 wird, können Sie entspannt Visionen ersinnen. Ob diese tatsächlich eintreffen, werden Sie kaum noch selbst erleben.

Karlheinz Steinmüller: Typischerweise haben die Projekte, an denen wir arbeiten, einen Zeithorizont von 10, 15 Jahren. Einen ganzen Teil davon werden wir durchaus erleben. Zukunftsforscher zu sein, ist schon etwas risikoreich, weil man von Auftraggebern immer wieder nach Referenzen gefragt wird. Wir werben aber nicht damit, dass wir 1992 mal eine gute Prognose gemacht haben.

SPIEGEL ONLINE: Wann ist Ihnen denn eine gute Prognose geglückt?

Steinmüller: Prognosen machen wir ganz selten. Wir haben da eher den Spruch von Mark Twain verinnerlicht: 'Vorhersagen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.' Die Zukunft ist für uns ein Möglichkeitsraum. Das heißt, es gibt nicht die eine Prognose. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, die man nach ihrer Wahrscheinlichkeit gewichten kann. Wir würden uns nie anmaßen zu sagen, die Zukunft wird genau so sein. Das Ziel der Zukunftsforschung ist, heute bessere Entscheidungen zu treffen.

SPIEGEL ONLINE: Was sehen sie denn als den wichtigsten Trend der nächsten zehn Jahre?

Steinmüller: Es gibt nicht den einen wichtigsten Trend. Wir haben eine Trenddatenbank aufgebaut, da sind 240 Trends aufgelistet. Davon sind einige zentral. Für uns in Deutschland ist die altbekannte Unterjüngung nach wie vor der wichtigste Trend. Der schlägt durch bis auf den Arbeitsmarkt, dessen Probleme sich zu einem großen Teil mit der demographischen Entwicklung erklären lassen. Und dann natürlich die stärkere Interaktion zwischen den Weltregionen - unsere Bezeichnung für den politischen Kampfbegriff Globalisierung. Die geistigen Austauschprozesse verlaufen schneller. Für uns interessant dabei: Innovationen kommen plötzlich nicht mehr nur aus Japan, den USA und den Tigerstaaten. Für Umweltinnovationen muss man vielleicht künftig in den Nahen Osten schauen.

SPIEGEL ONLINE: Stichwort Globalisierung. Europa und Asien sind ja heute geteilt in Japan und das relativ wohlhabende Westeuropa sowie aufstrebende Billiglohnländer. Wie wird sich diese Konstellation verändern?

Steinmüller: Wir haben ja einen erfreulichen Aufstieg von ehemaligen Billiglohnländern zu fortschrittlichen Industriestaaten in Südostasien erlebt. Man sieht, dass auch andere diese Chancen bekommen. China und Indien sind die Schwergewichte dabei. Es scheint so zu sein, dass sich eine Art globale Mittelschicht herausbildet mit guter Bildung und vergleichsweise hohem Einkommen, die Träger von Demokratisierungsprozessen werden kann - durchaus hoffnungsvolle Aussichten. Bei uns gerät die Mittelschicht dagegen stark unter Druck. Es zeichnet sich eine Spaltung in Luxus und Billig beim Konsumverhalten und in sozial schlechter Ausgestattete und Besserverdienende ab.

SPIEGEL ONLINE: In den sechziger Jahren wurden in Büchern verrückte Visionen über das Jahr 2000 verbreitet. Warum entwirft heute kaum noch jemand Bilder der Welt im Jahr 2050?

Steinmüller: Der seriösere Teil der Zukunftsforschung schreckt etwas vor so langen Zeiträumen zurück. Da weiß man, dass man nur spekulieren kann. Man kann einige wenige Dinge extrapolieren, etwa die Bevölkerungsentwicklung. Bei der Technologieentwicklung geht das nicht mehr. Wir haben den naiven Prognoseglauben aus den sechziger, siebziger Jahren verloren, nachdem sich sehr viele Prognosen als falsch erwiesen haben. Wir sind zwar zum Mond geflogen, auf die Mondstation warten wir aber bis heute, ebenso auf die kontrollierte Kernfusion. Aber es ist erstaunlich, wie viele überzogene Zukunftsvisionen auch heute verbreitet sind. Ich denke nur an den ominösen Nano-Roboter, der durch unser Blut schwimmt und den Kalk von den Arterien klopft. Der ist völlig unrealistisch - er ist die Mondstation von heute.

SPIEGEL ONLINE: Welche in Zukunft wichtigen Technologien werden nach Ihrer Meinung heute unterschätzt?

Steinmüller: In der gesamten Breite der Nanotechnologie steckt schon eine Menge Musik drin, und zwar in Kombination mit Biotechnologie. Was von der Öffentlichkeit nicht hinreichend wahrgenommen wird das sind die Entwicklungen der sogenannten Cognitive Sciences, der Hirnforschung. Da hat sich in den letzten zehn Jahren, der Dekade des Gehirns, sehr viel getan. Wir verstehen nicht nur besser, wie sich neurodegenerative Krankheiten herausbilden und was man dagegen tun kann. Wir verstehen auch Lernprozesse besser. Und vielleicht gehen davon ja auch Impulse in die Pädagogik aus. Wir lernen, das Denken zu verstehen - das ist eine ganz spannende Sache.

SPIEGEL ONLINE: Wird es künstliche Intelligenz tatsächlich geben?

Steinmüller: Wir leben ja in einer Welt, in der alle möglichen Dinge intelligent genannt werden.

SPIEGEL ONLINE: Die in Wirklichkeit dumm sind.

Steinmüller: Ja, ja. Aber künstliche Dummheit ist genauso schwierig zu erzeugen wie künstliche Intelligenz. Es sind zwei Aspekte: Zum einen glaube ich nicht, dass wir auf absehbare Zeit, schon gar nicht bis 2050, so etwas wie ein maschinelles Bewusstsein hinbekommen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in dieser Zeit technische Wesen, entweder nur aus Software, also Avatare, oder vielleicht auch Roboter als Agenten wahrnehmen, also als handelnde Systeme, mit denen wir auf quasi menschliche Weise kommunizieren und vielleicht sogar zusammenleben. Das heißt, wir werden neben den Tieren technische Wesen bekommen, mit denen wir ganz selbstverständlich umgehen. Das wird unsere Gesellschaft wahnsinnig verändern. Wir übertragen ja heute schon eine Menge Emotionen auf Haustiere und technische Geräte. Wir projizieren in diese so eine Art Seelenleben hinein. Wenn technische Wesen hinreichend komplexe Reaktionsmuster entfalten, dann ist der Drang noch sehr viel stärker, da so etwas hineinzusehen. Möglicherweise werden wir also mit Dingen, die nicht bewusst sind, umgehen, als wären sie bewusst.

Das Interview führte Holger Dambeck

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