Manager verhalten sich wie Paviane
Verhaltensmuster
"Manager können von Affen viel lernen"
21. Juni 2005 Als Zoologe hat der Schweizer Robert Keller über Jahre die Kommunikation der Mantelpaviane untersucht. Seine These: Die Verhaltensweisen der Tiere lassen sich mit Abläufen in Wirtschaftsunternehmen vergleichen. Im Interview verrät er Details über die Rolle der Weibchen.
Herr Keller, was können Manager von Affen lernen?
Affen können zumindest Ideen liefern, wie man es in Unternehmen besser machen könnte.
Sie haben zuerst im Zoo und dann in den Chefetagen von Konzernen gearbeitet. Gibt es da tatsächlich Parallelen?
Vorbild Mantelpavian
Als ich vor 23 Jahren den Beruf gewechselt habe, von der Verhaltensforschung im Tiergarten in ein Unternehmen, da ist mir schnell aufgefallen, wie erstaunlich ähnlich alles ist. In den Büros trifft man oft auf Verhaltensweisen wie bei Tieren, die nicht besonders gut gehalten werden.
Wodurch fallen die auf?
Durch Stereotypen, übermäßiges Aggressionsverhalten, übermäßiges Eßverhalten. Nehmen Sie den Tiger, der im Käfig auf und ab geht. Wenn ich bei meinem Vorgesetzten ins Büro ging, stand der auf und marschierte genauso auf und ab. Nach einem halben Jahr in dem Konzern habe ich bei einem Meeting des oberen Managements gesagt, mir kommt das hier vor wie in einer Pavianherde.
Die Manager-Kollegen werden sich über den Vergleich gefreut haben.
Natürlich nicht. Aber genetisch ist der Unterschied zu gewissen Affen sehr klein. Warum soll man da nicht mit gleichen Methoden arbeiten? Man kann damit sehr schnell aufzeigen, welche Faktoren über Erfolg des Individuums und der Gruppe entscheiden, nach welchen Regeln die Beziehungen zwischen Managern und in Teams ablaufen.
Die Untergebenen scharwenzeln um den Chef - in der Affenherde wie im Unternehmen?
Die Parallelen sind nicht zu leugnen: Wie werden Ränge zur Schau gestellt? Wie demonstrieren Ranghohe, daß sie ranghoch sind? Wie erkennen Niedere das an? Bei den Pavianen nähern sich rangtiefe Tiere relativ vorsichtig, manchmal sogar mit dem Hinterteil voran. Beim Menschen gibt es Ähnliches, vom Knicks in früheren Tagen bis zur japanischen Praxis, sich vor Höheren auf den Boden zu legen - alles Zeichen der Unterwerfung wie in der Tierwelt. Dort erkennt man ranghohe Tiere am aufrechten Gang, sie sehen meist gesünder und kräftiger aus - alles beim Menschen sehr ähnlich. Wenn Sie in gewisse Büros reingehen, können Sie gleich sagen: Ah, hier habe ich es mit einem Ranghohen zu tun.
Im Konzern geht es darum, wer wird CEO. Beim Affen-Clan wer wird Harems-Chef. Ähneln sich die Mechanismen des Aufstiegs?
Beidesmal geht es über die Verfügungsgewalt über Mitarbeiter, nur ist das im Unternehmen geschlechtsneutral. Je mehr Mitarbeiter, um so höher rangiere ich in der Organisation. Das gilt für viele Unternehmen wie für Paviane. Je mehr Damen ich habe, desto ranghöher bin ich.
Bei Mensch wie Tier gilt: Entscheidend ist die Hierarchie.
Der Pavian-Chef beherrscht seine Gruppe, seinen Harem. Er sagt, was gut ist und was nicht. Er bestraft Weibchen, wenn sie sich falsch verhalten. Rangtiefe Weibchen können sich in gewissen Situationen aber gegen ranghohe Weibchen durchsetzen, zum Beispiel durch gesicherte Drohung.
Wie sieht die aus?
Das rangtiefe Weibchen kehrt dem Männchen das Hinterteil zu und signalisiert ihm so seine Unterwerfung. Gleichzeitig provoziert es den Blickkontakt zu einem anderen Weibchen. Weil dieses Tier nun zwangsläufig auch das Männchen direkt anschaut, wird es von ihm dafür mit einem Nackenbiß bestraft. Der Clan-Chef zeigt: So nicht!
Daraus lernen wir: Wer sich auf dem Weg nach oben gegen Rivalen durchsetzen will, muß sich erst des Rückhalts des Höchsten versichern.
So ist das zu interpretieren. Wenn ich als rangtiefer zu gewissen Ressourcen Zugang haben möchte, etwa zu Investitionsgeldern für ein Projekt, dann versuche ich den übergeordneten Chef so weit zu bringen, daß er den anderen androht, nicht mich.
Absolute Loyalität zum Obersten zahlt sich für die Karriere aus.
So ist es. Bei Pavianen liefert das rangniedere Weibchen Ehrerbietung und Zuwendung - wenn Sie wollen einen added value, für das Männchen sehr angenehm. Wie das in der Unternehmenswelt zugeht, da schweigt des Sängers Höflichkeit. Die Mechanismen sind vergleichbar.
Und in welchen Bereichen haben uns die Affen etwas voraus?
Bei der Nachfolgeplanung zum Beispiel. Die machen Unternehmen häufig schlecht. Man sendet Headhunter aus, man selektioniert innerhalb der Firma. Am Ende stellt sich trotzdem die Frage: Warum erhält nicht die viel besser geeignete Person die Stelle? Offensichtlich weil andere Dinge eine viel wichtigere Rolle spielen als meine Fähigkeiten: Allianzen, Netze, Partner. Diese Willkür habe ich oft erlebt.
Bei Pavianen dagegen gewinnt der Bessere und Klügere?
Die Entscheidungsfindung läuft viel objektiver, viel transparenter. Der ganze Pavian-Clan sieht: Wer macht die besten Vorschläge zur Nahrungsversorgung, und bei wem bleiben wir hungrig? Wer eine schlechte Lösung präsentiert, dessen Stimme ist über längere Zeit gesehen weniger wert. Es spielt nicht nur die Rangordnung und die Stärke eine Rolle, sondern die Qualität der Vorschläge zum Wohl der Gruppe.
Woran wird das gemessen? Was ist das Unternehmensziel des Pavian-Clans?
Hauptziel der Unternehmung Pavian-Gruppe ist es, zu überleben und sich möglichst gut fortzupflanzen, damit möglichst viele Gene weiterkommen. Dazu gibt es verschiedene Parameter: Ein guter Schlaf-Felsen in der Halbwüste, der vor Feinden schützt. Eine gute Route zum Futter, ein gutes Wasserloch. Daran wird der zukünftige Harems-Chef gemessen, bei schlechten Entscheidungen suchen sich die Weibchen andere Männchen. Weiter sind für diese Männchen Allianzen mit ranghohen Männchen schwieriger. Übertragen auf das Unternehmen: Wird der falsche Chef gewählt, suchen sich die besten Mitarbeiter eine andere Firma.
Wer entscheidet über die Strategie, über den richtigen Weg zum Wasserloch?
Die jungen Männchen schlagen vor, die Höheren urteilen - ähnlich wie im Unternehmen. Die Jungen gehen einige Schritte in die Richtung, die sie für den Marsch zum Wasserloch vorschlagen. Dann setzen sie sich und drehen sich zum Alphatier um. Ist es einverstanden, bewegt es sich auch ein paar Meter in diese Richtung. Wenn nicht, schaut es weg. So stehen immer wieder zwei, drei Männchen auf und gehen ein paar Schritte, während alle anderen zuschauen. Und irgendwann entscheiden sich alle - per Mehrheitsvotum, wenn man so will.
Empfehlen Sie diese Basisdemokratie Unternehmen?
Das Problem jeder Organisation, egal ob Affenherde oder Unternehmen, ist, daß alle in eine Richtung marschieren müssen. Die Paviane beginnen ihre Futtersuche in kleinen Teams, sehen und hören sich stundenlang nicht mehr - und treffen sich am Ende doch am selben Wasserloch. Weil sie wissen, warum sie dort hingehen, weil sie die Entscheidungsfindung beobachtet haben. Bei Unternehmen ist dies häufig nicht der Fall. Entscheidungen fallen hinter verschlossenen Türen. Mitarbeiter haben keine Ahnung von dem strategischen Ziel oder interpretieren es falsch, da sie nur die Hälfte der Information bekommen. Und dann staunt das Management, daß nicht alle in die gleiche Richtung ziehen.
Kennen Affen auch taktische Spielchen unter Führungskräften?
Das kann sich der Pavian nicht leisten. Er muß jeden Tag an sein Wasser, er muß jeden Tag sein Futter haben. Beim Menschen spielen mehr soft factors, die schwer zu durchschauen sind, eine Rolle. Es geht auch nicht um Leben und Tod, sondern um mehr oder weniger Gewinn. Der Mitarbeiter kann in die nächste Firma, wenn seine nicht mehr läuft. Der Pavian kann das nicht. Entweder frißt ihn der Leopard oder nicht. Die Selektionsfaktoren sind viel härter, viel klarer, sie greifen viel tiefer ein ins Leben des Individuums und der Gruppe.
Wollen Sie damit sagen: Je härter es in einem Konzern zugeht, um so erfolgreicher ist er?
Ich würde meinen ja, solange die Unternehmenskultur fair und human ist. Zumindest fallen Entscheidungen schneller. Unternehmen, denen es gutgeht, haben große Mühe, etwas zu ändern - auch wenn sie durch Markt- oder Kundenanalysen genau wissen, daß dies notwendig wäre. Wie Tiere schaffen wir es oft nicht, vorausschauend zu handeln.
Woran liegt das?
Offensichtlich spielt uns das biologische Erbe einen Streich. Es gibt die extreme These, der Mensch ist nur das Vehikel, damit sich Gene fortpflanzen. Es ist nicht zu übersehen, daß gewisse Herrscher alles nur für ihre Genfortpflanzung machen und dabei vergessen, was links und rechts ist. Noch immer zählen die Attribute, die früher Voraussetzung für Kinder waren: Macht und Geld.
Wie egoistisch dürfen Manager sein, ohne dem Unternehmen zu schaden?
Prinzipiell ist es nicht schlecht, wenn ein Manager egoistisch versucht seine Meinung durchzusetzen. Er muß nur schauen, daß die aufbaut auf gewissen Erfahrungen seiner Mitarbeiter und diese entsprechend motiviert. Längerfristig führt das sonst zum Bankrott. Ein Pavian-Chef kann nicht sagen: Weil ich Egoist bin, weil ich einen internen Konkurrenten ausschalten will, suchen wir heute kein Wasserloch, anderes nützt mir mehr. Bei Affen geht das nicht. Solche Verhaltensweisen sehe ich aber bei Managern.
Da Gespräch führte Georg Meck
Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 19.06.2005, Nr. 24 / Seite 37
"Manager können von Affen viel lernen"
21. Juni 2005 Als Zoologe hat der Schweizer Robert Keller über Jahre die Kommunikation der Mantelpaviane untersucht. Seine These: Die Verhaltensweisen der Tiere lassen sich mit Abläufen in Wirtschaftsunternehmen vergleichen. Im Interview verrät er Details über die Rolle der Weibchen.
Herr Keller, was können Manager von Affen lernen?
Affen können zumindest Ideen liefern, wie man es in Unternehmen besser machen könnte.
Sie haben zuerst im Zoo und dann in den Chefetagen von Konzernen gearbeitet. Gibt es da tatsächlich Parallelen?
Vorbild Mantelpavian
Als ich vor 23 Jahren den Beruf gewechselt habe, von der Verhaltensforschung im Tiergarten in ein Unternehmen, da ist mir schnell aufgefallen, wie erstaunlich ähnlich alles ist. In den Büros trifft man oft auf Verhaltensweisen wie bei Tieren, die nicht besonders gut gehalten werden.
Wodurch fallen die auf?
Durch Stereotypen, übermäßiges Aggressionsverhalten, übermäßiges Eßverhalten. Nehmen Sie den Tiger, der im Käfig auf und ab geht. Wenn ich bei meinem Vorgesetzten ins Büro ging, stand der auf und marschierte genauso auf und ab. Nach einem halben Jahr in dem Konzern habe ich bei einem Meeting des oberen Managements gesagt, mir kommt das hier vor wie in einer Pavianherde.
Die Manager-Kollegen werden sich über den Vergleich gefreut haben.
Natürlich nicht. Aber genetisch ist der Unterschied zu gewissen Affen sehr klein. Warum soll man da nicht mit gleichen Methoden arbeiten? Man kann damit sehr schnell aufzeigen, welche Faktoren über Erfolg des Individuums und der Gruppe entscheiden, nach welchen Regeln die Beziehungen zwischen Managern und in Teams ablaufen.
Die Untergebenen scharwenzeln um den Chef - in der Affenherde wie im Unternehmen?
Die Parallelen sind nicht zu leugnen: Wie werden Ränge zur Schau gestellt? Wie demonstrieren Ranghohe, daß sie ranghoch sind? Wie erkennen Niedere das an? Bei den Pavianen nähern sich rangtiefe Tiere relativ vorsichtig, manchmal sogar mit dem Hinterteil voran. Beim Menschen gibt es Ähnliches, vom Knicks in früheren Tagen bis zur japanischen Praxis, sich vor Höheren auf den Boden zu legen - alles Zeichen der Unterwerfung wie in der Tierwelt. Dort erkennt man ranghohe Tiere am aufrechten Gang, sie sehen meist gesünder und kräftiger aus - alles beim Menschen sehr ähnlich. Wenn Sie in gewisse Büros reingehen, können Sie gleich sagen: Ah, hier habe ich es mit einem Ranghohen zu tun.
Im Konzern geht es darum, wer wird CEO. Beim Affen-Clan wer wird Harems-Chef. Ähneln sich die Mechanismen des Aufstiegs?
Beidesmal geht es über die Verfügungsgewalt über Mitarbeiter, nur ist das im Unternehmen geschlechtsneutral. Je mehr Mitarbeiter, um so höher rangiere ich in der Organisation. Das gilt für viele Unternehmen wie für Paviane. Je mehr Damen ich habe, desto ranghöher bin ich.
Bei Mensch wie Tier gilt: Entscheidend ist die Hierarchie.
Der Pavian-Chef beherrscht seine Gruppe, seinen Harem. Er sagt, was gut ist und was nicht. Er bestraft Weibchen, wenn sie sich falsch verhalten. Rangtiefe Weibchen können sich in gewissen Situationen aber gegen ranghohe Weibchen durchsetzen, zum Beispiel durch gesicherte Drohung.
Wie sieht die aus?
Das rangtiefe Weibchen kehrt dem Männchen das Hinterteil zu und signalisiert ihm so seine Unterwerfung. Gleichzeitig provoziert es den Blickkontakt zu einem anderen Weibchen. Weil dieses Tier nun zwangsläufig auch das Männchen direkt anschaut, wird es von ihm dafür mit einem Nackenbiß bestraft. Der Clan-Chef zeigt: So nicht!
Daraus lernen wir: Wer sich auf dem Weg nach oben gegen Rivalen durchsetzen will, muß sich erst des Rückhalts des Höchsten versichern.
So ist das zu interpretieren. Wenn ich als rangtiefer zu gewissen Ressourcen Zugang haben möchte, etwa zu Investitionsgeldern für ein Projekt, dann versuche ich den übergeordneten Chef so weit zu bringen, daß er den anderen androht, nicht mich.
Absolute Loyalität zum Obersten zahlt sich für die Karriere aus.
So ist es. Bei Pavianen liefert das rangniedere Weibchen Ehrerbietung und Zuwendung - wenn Sie wollen einen added value, für das Männchen sehr angenehm. Wie das in der Unternehmenswelt zugeht, da schweigt des Sängers Höflichkeit. Die Mechanismen sind vergleichbar.
Und in welchen Bereichen haben uns die Affen etwas voraus?
Bei der Nachfolgeplanung zum Beispiel. Die machen Unternehmen häufig schlecht. Man sendet Headhunter aus, man selektioniert innerhalb der Firma. Am Ende stellt sich trotzdem die Frage: Warum erhält nicht die viel besser geeignete Person die Stelle? Offensichtlich weil andere Dinge eine viel wichtigere Rolle spielen als meine Fähigkeiten: Allianzen, Netze, Partner. Diese Willkür habe ich oft erlebt.
Bei Pavianen dagegen gewinnt der Bessere und Klügere?
Die Entscheidungsfindung läuft viel objektiver, viel transparenter. Der ganze Pavian-Clan sieht: Wer macht die besten Vorschläge zur Nahrungsversorgung, und bei wem bleiben wir hungrig? Wer eine schlechte Lösung präsentiert, dessen Stimme ist über längere Zeit gesehen weniger wert. Es spielt nicht nur die Rangordnung und die Stärke eine Rolle, sondern die Qualität der Vorschläge zum Wohl der Gruppe.
Woran wird das gemessen? Was ist das Unternehmensziel des Pavian-Clans?
Hauptziel der Unternehmung Pavian-Gruppe ist es, zu überleben und sich möglichst gut fortzupflanzen, damit möglichst viele Gene weiterkommen. Dazu gibt es verschiedene Parameter: Ein guter Schlaf-Felsen in der Halbwüste, der vor Feinden schützt. Eine gute Route zum Futter, ein gutes Wasserloch. Daran wird der zukünftige Harems-Chef gemessen, bei schlechten Entscheidungen suchen sich die Weibchen andere Männchen. Weiter sind für diese Männchen Allianzen mit ranghohen Männchen schwieriger. Übertragen auf das Unternehmen: Wird der falsche Chef gewählt, suchen sich die besten Mitarbeiter eine andere Firma.
Wer entscheidet über die Strategie, über den richtigen Weg zum Wasserloch?
Die jungen Männchen schlagen vor, die Höheren urteilen - ähnlich wie im Unternehmen. Die Jungen gehen einige Schritte in die Richtung, die sie für den Marsch zum Wasserloch vorschlagen. Dann setzen sie sich und drehen sich zum Alphatier um. Ist es einverstanden, bewegt es sich auch ein paar Meter in diese Richtung. Wenn nicht, schaut es weg. So stehen immer wieder zwei, drei Männchen auf und gehen ein paar Schritte, während alle anderen zuschauen. Und irgendwann entscheiden sich alle - per Mehrheitsvotum, wenn man so will.
Empfehlen Sie diese Basisdemokratie Unternehmen?
Das Problem jeder Organisation, egal ob Affenherde oder Unternehmen, ist, daß alle in eine Richtung marschieren müssen. Die Paviane beginnen ihre Futtersuche in kleinen Teams, sehen und hören sich stundenlang nicht mehr - und treffen sich am Ende doch am selben Wasserloch. Weil sie wissen, warum sie dort hingehen, weil sie die Entscheidungsfindung beobachtet haben. Bei Unternehmen ist dies häufig nicht der Fall. Entscheidungen fallen hinter verschlossenen Türen. Mitarbeiter haben keine Ahnung von dem strategischen Ziel oder interpretieren es falsch, da sie nur die Hälfte der Information bekommen. Und dann staunt das Management, daß nicht alle in die gleiche Richtung ziehen.
Kennen Affen auch taktische Spielchen unter Führungskräften?
Das kann sich der Pavian nicht leisten. Er muß jeden Tag an sein Wasser, er muß jeden Tag sein Futter haben. Beim Menschen spielen mehr soft factors, die schwer zu durchschauen sind, eine Rolle. Es geht auch nicht um Leben und Tod, sondern um mehr oder weniger Gewinn. Der Mitarbeiter kann in die nächste Firma, wenn seine nicht mehr läuft. Der Pavian kann das nicht. Entweder frißt ihn der Leopard oder nicht. Die Selektionsfaktoren sind viel härter, viel klarer, sie greifen viel tiefer ein ins Leben des Individuums und der Gruppe.
Wollen Sie damit sagen: Je härter es in einem Konzern zugeht, um so erfolgreicher ist er?
Ich würde meinen ja, solange die Unternehmenskultur fair und human ist. Zumindest fallen Entscheidungen schneller. Unternehmen, denen es gutgeht, haben große Mühe, etwas zu ändern - auch wenn sie durch Markt- oder Kundenanalysen genau wissen, daß dies notwendig wäre. Wie Tiere schaffen wir es oft nicht, vorausschauend zu handeln.
Woran liegt das?
Offensichtlich spielt uns das biologische Erbe einen Streich. Es gibt die extreme These, der Mensch ist nur das Vehikel, damit sich Gene fortpflanzen. Es ist nicht zu übersehen, daß gewisse Herrscher alles nur für ihre Genfortpflanzung machen und dabei vergessen, was links und rechts ist. Noch immer zählen die Attribute, die früher Voraussetzung für Kinder waren: Macht und Geld.
Wie egoistisch dürfen Manager sein, ohne dem Unternehmen zu schaden?
Prinzipiell ist es nicht schlecht, wenn ein Manager egoistisch versucht seine Meinung durchzusetzen. Er muß nur schauen, daß die aufbaut auf gewissen Erfahrungen seiner Mitarbeiter und diese entsprechend motiviert. Längerfristig führt das sonst zum Bankrott. Ein Pavian-Chef kann nicht sagen: Weil ich Egoist bin, weil ich einen internen Konkurrenten ausschalten will, suchen wir heute kein Wasserloch, anderes nützt mir mehr. Bei Affen geht das nicht. Solche Verhaltensweisen sehe ich aber bei Managern.
Da Gespräch führte Georg Meck
Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 19.06.2005, Nr. 24 / Seite 37
junge - 21. Jun, 15:44
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